Den kalten und stürmischen Jahresbeginn haben wir nicht nur im gemütlichen Homeoffice verbracht, sondern auch für unseren 55BirchStreet BookCircle genutzt. Dieses Mal im Fokus: “Utopien für Realisten” von Rutger Bregmann. Die Diskussion, die darauf folgte, hat uns dazu bewegt, über unsere Werte und Ziele als Unternehmen, sowie als Individuum ganz persönlich zu reflektieren.
Im Buch adressiert Bregmann verschiedene gesellschaftliche Probleme und diskutiert „utopische“ Lösungsansätze, wie die Einführung einer 15 Stundenwoche oder auch des bedingungslosen Grundeinkommens, um der Armut zu entkommen.
Unsere Diskussion im Kreis der Kolleg:innen fassen wir gern entlang der folgenden drei Zitate für Euch zusammen:
"Aber wir müssen uns fragen, welchen Wert die Meinungsfreiheit hat, wenn wir nichts Wertvolles mehr zu sagen haben."
Die Meinungsfreiheit ist das höchste Gut in einer Demokratie. Im Gegensatz, zu immer noch vielen anderen Ländern (z.B. Nordkorea, Turkmenistan, China), können wir uns in Deutschland (relativ) sicher fühlen, wenn wir unsere Meinung äußern – egal, wie alleine wir auch mit dieser Meinung dastehen.
Wir fragen uns jedoch, ob das Recht der Meinungsfreiheit in Zeiten von hässlichen Onlinekommentaren, Cybermobbing und Co. bei uns heute überhaupt noch vollständig ausgeschöpft wird und ob aus Angst vor Konflikten und mehr Hass als echtem Diskurs unsere Diskussionskultur langsam dahinsiecht. Wir haben uns selbst kritisch gefragt: Diskutieren wir eigentlich noch genug? Nicht nur in der Politik, sondern auch mit unseren Freunden und Familien? Was ist eine Freundschaft wert, wenn sie eine Diskussion nicht aushält? Und was bedeutet es für die Zukunft, wenn wir uns eigentlich alle einig sind, dass dieses Recht wertvoll und schützenswert ist und wir es dennoch nicht wagen, auszureizen? Wir sind zur Erkenntnis gekommen, es würde mancher unqualifizierten, moralisch belegten und hoch emotional geführten Diskussion schon helfen, nicht „Meinungen zu äußern“, sondern „Beobachtungen auszutauschen“: dabei geht es darum, zuzuhören, auf den Gegenüber einzugehen, und nicht immer auf einen gemeinsamen Nenner kommen zu müssen
"Die klügsten Köpfe meiner Generation denken darüber nach, wie man die Leute dazu bewegen kann, Werbebuttons anzuklicken», beklagt sich ein früheres Mathegenie auf Facebook."
Der Blick muss nicht bis ins Silicon Valley wandern, um zu erkennen, dass darin viel Wahres steckt. Und das tut weh.
Denn sollte ein Mathegenie, nicht den Anreiz haben, ein Modell zu entwickeln, wie wir den Klimawandel stoppen können, statt weiter den Konsum anzutreiben?
Sind die Anreize in unsere Gesellschaft richtig gesetzt, wenn sich mit dem Manipulieren von anderen Menschen, das meiste Geld verdienen lässt?
Wenn Rollenbeschreibungen wie Eltern, Pfleger oder Sozialarbeiter im allgemeinen Verständnis weniger wertig scheint als Finanzberater, sollte der Wert von Arbeit nicht neu bewertet, bzw. neu gemessen werden?
Womit wir beim nächsten Punkt wären:
"Wie es Robert Kennedy ausdrückte: »Das Bruttosozialprodukt misst alles mit Ausnahme der Dinge, die das Leben lebenswert machen."
Während Purpose in aller Munde ist und man sich generationsübergreifend fragt „Was macht unser Leben eigentlich lebenswert?“, gelten die gleichen wirtschaftspolitischen Gradmesser, BSP und BIP, noch wie vor über 70 Jahren.
Unser wirtschaftspolitischer Kompass misst also vor allem bezahlte Arbeit
Doch wie sieht ein Gradmesser aus, der Dinge misst, die unser Leben wirklich lebenswert machen? Dazu setzen wir uns jetzt erst mal in Ruhe hin und überlegen uns, was das für uns bedeutet. Und vielleicht sollte das jeder mal tun, denn erst wenn wir eine klare Vorstellung davon haben, wonach wir unser Leben steuern wollen, können wir auch neue Vorschläge zum Navigationsinstrument machen.
Um die Metapher auf die Spitze zu treiben: Denn heute steuert auch kaum noch jemand nach Kompass, sondern nach GPS und vielleicht bedarf es auch hier eine ähnlich revolutionäre Idee, die sich irgendwann ganz normal anfühlt.
Rutger Bregmann zeigt in „Utopien für Realisten“ an vielen Stellen auch die historischen Entwicklungen auf und es wird klar, wie das Schicksal und kleinste Entscheidungen den Weg unsere Gesellschaft geändert haben. Dabei fällt auch auf, dass der Autor viel vorhandene Literatur durchsichtete und neu interpretiert, so dass uns auch bereits viel Bekanntes beim Lesen über den Weg gelaufen ist. Dennoch schafft es Rutger Bregmann, die Dinge modern zu kombinieren und zeigt dabei bisher ungewohnte Wege auf, die unsere Gesellschaft helfen könnten, wieder in Utopien zu denken und Fortschritt zu erreichen.
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