Digitale Realitäten sind ein Szenario, das uns mittlerweile zu genüge illustriert wurde von Filmen wie Matrix, Ready Player One, Tron oder natürlich auch dem cineastischen Meisterwerk Spy Kids 3-D: Game Over 😉.
In einem Punkt scheinen alle Filme sich hierbei einig zu sein: Virtuelle Realität ist irgendwie keine gute Idee und vielleicht sollten wir Gras anfassen, solange wir noch können. Verständlich war die Aufregung dann doch, als Meta – kurz zuvor bekannt als Facebook – ankündigte, das Metaverse gründen zu wollen. Warum auch nicht? Spannend ist die Vorstellung einer digitalen Realität allemal und für viele ein Sci-Fi'esquer Kindheitstraum gleich fliegenden Autos. Laut Nicholas Carr allerdings ist dies die Antwort von Mark Zuckerberg auf eine einfache Problemstellung: Insgesamt scheint sich die Welt einig, Facebook habe ihr nicht viel Gutes getan. Perfekt, dann werden wir einfach die Welt los und programmieren unsere eigene. Cool.
Klingt zynisch, aber ist es das auch? Denn wo liegen die Potenziale und Gefahren einer solchen virtuellen Realität– und mal angenommen die virtuelle Realität wird zur unseren, wie würde eine Arbeitswelt im Metaverse aussehen? Welche Jobs würden sich hier ergeben?
Im Folgenden dazu mal ein paar Szenarien.
Er hat’s nicht so mit Menschen, aber er versteht das Metaverse wie kein Zweiter. Martin ist ein Avatar im Metaverse und arbeitet dort als Tourguide für diejenigen, welche weniger bewandert in der Materie sind als Metaverse Martin. Er erklärt:
Das Metaverse ist, wie der Name nahelegt, ein von Meta erstelltes, digitales Universum. Verwendet werden hierbei verschiedene Technologien wie etwa Virtual Reality, Augmented Reality oder auch einfach Video. Idee und Ziel ist es, dass Leute in dieser digitalen Welt spielen, arbeiten und „leben“ können. Somit ist diese virtuelle Welt nicht nur eine eskapistische Alternative zur Realität, es ist auch eine neue Art zu leben.
Entsprechend ist das Metaverse eine holistische Repräsentation verschiedener digitaler, immersiver Sphären; Social Media zum Anfassen. Für diejenigen, die kein ausgeprägtes Verständnis zu Technologien, Trends, Kunst und Kultur des Digitalen haben, gibt es Tourguides wie Martin. Er ist ein menschgewordenes und sodann digitalisiertes Tutorial. Vergleichbar zu Kindern, die ihren Eltern erklären, wie man WhatsApp installiert, aber Martin kriegt Geld dafür.
Martin ist selbstredend nicht der einzige Avatar im Metaverse – es ist voll damit. Digitale Repräsentationen unserer Selbst, wie man sie beispielsweise aus Memojis kennt, den Mii’s von Nintendo und vielen mehr (Betonung liegt häufig auf der Me-Silbe, um nochmal zu betonen, dass ICH das bin). Ergibt Sinn, denn um sich in einer Welt zu bewegen, braucht man auch einen Körper – und genau hierfür sind besagte Avatare da. Sie ermöglichen uns dabei die ganzen spaßigen Sachen, etwa soziale Interaktionen oder solche mit der Welt selbst, und ersparen uns dabei die unschönen Sachen aus der echten Welt, wie zum Beispiel eine Darmspiegelung. In diesem Sinne ist das Metaverse eine ausgezeichnete Option für beispielsweise neurodivergente Personen, Menschen mit körperlichen Behinderungen und einfach ausgesprochen introvertierten Leuten. Wie heißt es allerdings so schön: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg und wo ein Körper ist, ist eine Arbeitsressource.
Die Jobs der Zukunft vorauszusagen, ist ganz schön knifflig, oder wollte irgendwer vor 20 Jahren Social Media Manager:in werden? Zum Glück gibt es hierfür Expert:innen wie Adrien Book, die uns jetzt schon zusammengefasst haben, welche10 Berufe durch das Metaverse ins Leben gerufen werden könnten. In der Schnellübersicht:
Natürlich ist all das nur Spekulation, bevor das Metaverse so richtig zum Leben erweckt wurde. Theoretisch könnte es jeden und keinen Job im Metaverse geben – und nicht selten entstehen Berufe aus einem Bedarf. Wer weiß schon hundertprozentig wo dieser liegt, wenn gerade noch gebaut wird? Vielleicht gibt es auch Makler:innen – wer weiß? Auf der OMR konnte man zumindest erste Grundstücke im Metaverse erwerben. Für Käufer:innen ist somit der erste Schritt in Richtung besagten Kindheitstraums getan.
Immer langsam: Wir haben nicht einmal Social Media im Griff – und das ist ein ausgesprochen unausgesprochenes Problem in dieser Angelegenheit, denn wir wissen nicht einmal, wie wir das Ganze beheben können. Hierzu stellte Nicholas Carr folgende Analogie auf:
In 1923, a doctor named John Brinkley, who had made a fortune transplanting goat testicles into men as a treatment for impotence, had started his own radio station, KFKB, in Kansas. He used it to promote a variety of quack treatments and medications, often offering specious and dangerous on-air diagnoses to listeners. In 1930, the FRC stripped Brinkley of his broadcasting license, ruling that his programming “is inimical to the public health and safety, and for that reason is not in the public interest.”
Und ganz plump gesagt, in den Worten von Martha Bayle: Das Internet ist voller Ziegentestikel. Es ist dementsprechend gerechtfertigt zu fragen, ob wir bereit sind, in einer Social Media basierten Welt zu leben und arbeiten, bevor wir Social Media effektiv regulieren können. Womöglich sollten bestehende Kapazitäten zunächst in diese Richtung delegiert werden, bevor man Grundstück im Metaverse kauft. Ohne die Aufregung aufs Metaverse versauern zu wollen – das sind schlicht und ergreifend Fragen und Probleme, welche zuvor adressiert werden müssen. Mark Zuckerberg wird das mit Sicherheit nicht tun. Denn so aufregend das auch alles sein mag, ist das Metaverse weiterhin das Produkt eines Big Tech-Betriebs mit einer Vielzahl von Skandalen. Technischer Fortschritt ist schön und gut – eine weiße Weste aber auch, bevor der Tech Overlord gekürt wird.
Wie lautet nun also der Lösungsansatz? Sollten wir alle coden lernen? Vielleicht – werden wir aber nicht. Bis dahin ist die Arbeitswelt im Metaverse womöglich ein Unterfangen für künftige Generationen und die Digitalnomaden der Zukunft. Die Potenziale sind groß, denn wie gesagt kann das Metaverse theoretisch beinahe alles. Dennoch sollte man vor lauter Aufregung nicht die Gefahren missachten und die Gesamtsituation mit einer gewissen Skepsis begutachten.
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